Montag, 26. September 2011

Etappe Nr. 1

Nach einer guten Woche wird es Zeit meine Eindruecke zu Papier zu bringen, bevor ich sie mit frueheren Urlauben, Erzaehlungen anderer Leute und von meinem Hirn als reale eigene Erlebnisse eingestuften TV-Sendungen vermische.

Zu meiner Entschuldigung kann ich anfuehren, dass in China (neben vielen anderen) die Blogger.com-Website gesperrt ist. Nun, in Hongkong, gilt das nicht mehr. Dass ich eigentlich keine Zeit zum Schreiben habe trifft jedoch unveraendert zu, das wird sich vermutlich fruehestens auf Hawaii aendern.

Obwohl keine autoritaeren Staaten im engeren Sinne mehr am Programm stehen, habe ich mittlerweile auch fuer diesen Fall vorgesorgt und meinen Blog so eingerichtet, dass ich meine Beitraege per E-Mail erstellen kann. Hauptgrund fuer diese Uebung ist jedoch nicht die Angst vor Verfolgung und Zensur, sondern dass ich noch keine brauchbare App fuers iPad gefunden habe und das Arbeiten direkt auf der Website mit dem Tablet hoeflich gesagt suboptimal ist.

Genug von dem Geschwaetz, irgendwie werde ich schon ein paar Zeilen mit der iPad-Tastatur zusammenbringen und ein paar Fotos hochladen koennen. Wer mag kann es sich ansehen, Layoutkontrolle u.dgl. sind mir auf diese Art nicht moeglich, hoffe die Software bereitet es halbwegs geniessbar auf.

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Ich opfere diese Zeilen einem Abend im "Suendenpfuhl" von Hong Kong, vom Hotel keine fuenf Gehminuten entfernt spielt es sich ab, dass Amsterdam und St. Pauli dagegen wie eine Fronleichnamsprozession wirken, dies bitte wohlwollend zu beruecksichtigen.

In medias res.

Am Montag, 19. September hat meine Karel Gott-Version von "Einmal um die ganze Welt" fuer Arme begonnen. Mit gerade mal 10,2 kg in einer Sporttasche habe ich mich auf nach Muenchen gemacht. Ich glaube selbst zur Landschulwoche am Wolfgangsee habe ich mehr Gepaeck mitgehabt; fuers Bundesheer ist meine Packordnung allerdings nur bedingt zu gebrauchen, es sei denn unser Vaterland wird in Zukunft bevorzugt an Badeorten zur Sommerzeit verteidigt.

In Muenchen habe ich nach gefuehlten 10 Jahren (es waren tatsaechlich wohl 1-2) einen alten Freund, O., wiedergetroffen, den das Leben (die Liebe) nach Bayern verschlagen hat. Brav waren wir zunaechst 1h an der Isar Laufen, am Rueckweg habe ich eine Bildungsluecke geschlossen und gelernt, dass Muenchen ein Surfer's Paradise ist.

Eigentlich hatte ich damit gerechnet erst auf Hawaii, Oahu, North Shore den ersten Surfern zu begegnen, aber unter einer Isarbruecke im Englischen Garten (soweit ich mich richtig erinnere) hat sich seit den 70ern des vorigen Jahrhunderts eine Surfer-Szene entwickelt, die es immerhin zu lokaler Beruemtheit und einem vom BR gesponsorten Film gebracht hat. Leider keinen Fotoapparat mitgehabt, wer moechte findet entsprechende Beweise sicher im Netz.

Anschliessend sind wir, wie koennte es in Muenchen anders sein, auf ein paar Bier gegangen. Meine Erinnerung endet damit, dass O. in einem italienischen Lokal den Tuersteher gemacht hat, und tatkraeftig mitgeholfen hat einen wildgewordenen Tuerken zu baendigen; als Dank und Anerkennung haben wir vom Patron noch eine Runde Averna aufs Haus bekommen, was auch schon wurscht war. Leider (oder zum Glueck) wieder ohne Beweisfotos.

Danach setzt meine Erinnerung erst kurz vor der Landung in Abu Dhabi ein, das Gehirn war mittlerweile auf eine der Schaedelgroesse angemessene Masse zurueckgeschrumpft und ich habe realisiert, dass ich am Beginn eines ziemlich langen Urlaubs bin.

Auch wenn ich nicht mal die klassischen 80 Tage des Phileas Fogg zusammenbringe, wer kann sich schon mit Mitte 30 fuer eine derart lange Zeit aus dem Hamsterrad loesen und eine Weltreise in Angriff nehmen!

Abu Dhabi habe ich nur in der Etihad-Lounge mitbekommen, irgendwie habe ich mich bei den Flugzeiten offenbar vertan, und anstatt der vermeintlichen 6h Aufenthalt, in denen ich eine Stadtrundfahrt im Expresstempo machen wollte, musste ich gleich zum Anschlussflieger nach Peking hetzen.

In Erinnerung ist mir vor allem eine Art Maulsperre oder Beisskorb fuer die Frauen geblieben. Zusaetzlich zum Kopftuch (lege mich da mangels Fachwissen nicht auf einschlaegige Varianten wie Burka, Hijab etc. fest) hatten einige noch ein Metallgeruest vor dem Gesicht, das Mund und Nase bedeckt hat und, so schien es mir jedenfalls, eine Art Stuetzvorrichtung auf der Stirn. Im Profil haben die durchwegs aelteren Kaliber ausgeschaut wie Theo Waigel zu seinen besten Zeiten, jedenfalls wenn er seine Augenbrauen Kupfer getoent haette.

War zu feig zum Fotografieren, wer weiss ob die Begleiter nicht den Saebel unter ihren weiten Gewaendern fuehren, und so 50 Stockhiebe auf die Fusssohlen hat man ja gleich mal ausgefasst....

Erinnerlich ist mir auch noch die internationale Crew von Etihad, nicht mal die Piloten kamen aus den Emiraten (Italiener), offenbar macht sich dort wirklich niemand mit Arbeit die Haende schmutzig......

Beeindruckend die Liste an Sprachkenntnissen der Stewardessen: Englisch, Deutsch, Arabisch (wahrscheinlich eine Aegypterin), Japanisch, Thai, Rumaenisch, Serbisch, Slowakisch, Chinesisch, usw. usf. und als besonderes Highlight - Suaheli.

Also weiter nach Peking. Der Flieger zu 99% mit Chinesen besetzt, die zum Leidwesen der Kellnerinnen chinesische Sitten eingefuehrt haben. Fuer Details fehlt mir die Zeit, ich habe das beste daraus gemacht und bis knapp 1h vor der Landung durchgeschlafen.

Mittwoch, 21. Sepember. Ankunft in Peking um 8:45. War um ca. 10.00 im Hotel und kann einen neuen Reisefuehrer "Bejing in a day" schreiben: weil das Zimmer noch nicht fertig war bin ich gleich zum Tienamen-Platz (Platz des himmlischen Friedens) und Kaiserpalast ("Verbotene Stadt") spaziert.

Nach gruendlichem Studium von Google Maps war die Orientierung in Peking kein Problem, die Lage des Hotels wirklich top, jeweils ca. 10-15 Gehminuten zum Tienamen-Platz sowie zur Einkaufsmeile Wangfujing.

Witzig ist das Taxifahren: weil kaum ein Taxler Englisch spricht oder auch nur die lateinische Schrift lesen kann habe ich mir von einer netten Dame am Infoschalter am Flughafen Name und Adresse des Hotels auf einem Blatt Papier auf Chinesisch aufschreiben lassen. Leider kannte ausgerechnet mein Taxler das Hotel nicht, konnte mir das aber noch vor Abfahrt (vor Einschalten des Taxameters) mit Haenden und Fuessen begreifbar machen, so dass ich an der Rezeption anrufen konnte (man sieht, ich bin vorbereitet;-) und man ihm den Weg erklaert hat.

Zum Preisniveau in Peking: die knapp einstuendige Fahrt vom Flughafen in die Stadt kostet inkl. Trinkgeld auch beim aktuell schwaechelnden Euro gerade mal ca. €9.

Was in Peking auffaellt ist die unglaublich grosse Zahl an oeffentlichen Toiletten, ca. alle 100m findet sich ein entsprechendes Hinweisschild. Im Zuge der Vorbereitungen fuer die Olympischen Spiele 2008 wurde alles unternommen, um die Stadt von ihrer besten Seite zu zeigen, die Anzahl an oeffentlichen Klos wird nur noch von der Anzahl an Ueberwachungskameras uebertroffen.

Trotz der Kampagnen 2008 haben die Chinesen viele liebgewordene Gewohnheiten beibehalten. Etwa das oeffentliche Ausspucken. Im Vergleich mit einer gewoehnlichen Strasse in Peking, auch in den feinen Bezirken, geht es in Spagetthi-Western richtig vornehm zu. Das kleine Geschaeft wird zumindest von Maennern als nicht der oeffentlichen Toilette wuerdig empfunden, bei Kindern bis zu ca. 3 Jahren herrscht offenbar auch Konsens darueber, dass diese generell von der Toilettenbenutzungspflicht ausgenommen sind, gibt es doch schliesslich ausreichend Baeume, Hecken oder Hausmauern in der Stadt wo sie Mami kurz mal halten kann und alle Umstehenden dem kleinen Prinz/der kleinen Prinzessin zuschauen und dann anerkennend nicken.

Ueber die Essgewohnheiten, speziell die Geraeuschkulisse bei Nudelgerichten, habe ich mich schon waehrend meines Semesters in Sydney zur Genuege ausgelassen, ich will ja nicht, dass dieser Reisebericht noch auf den Index der sinofeindlichen Machwerke kommt.....

Um das Bild zurechtzuruecken, abgesehen ihrer "Besonderheiten" war ich von der chinesischen Gastfreundschaft absolut begeistert.

Ab dem zweiten Tag hatte ich eine Reisefuehrerin und einen Fahrer, die mit mir das uebliche Touristenprogramm absolviert haben: Kaiserpalast, Sommerpalast, Himmelstempel, Lamatempel, Hutongs, die chinesische Mauer usw. usf. Dazu lasse ich am besten die Fotos sprechen.

Eigentlich braucht man in Peking/Umgebung keine Betreuung mehr, die Infrastruktur ist gut und das Hotelpersonal kann bei Problemen (auch telefonisch) sprachlich weiterhelfen. Trotzdem war ich froh die Beiden zu haben, weil ich sie ueber ihr Leben, wo sie wohnen, wieviel sie verdienen, was siemessen, wie gross ihre Familien sind etc. ausgefragt habe und so mehr ueber das Land erfahren habe als wenn ich mir nur die alten Haeuser angeschaut haette.

Als Highlight waren wir am letzten Tag im aeltesten auf Peking-Ente spezialisierten Restaurant der Stadt, so eine Art Plachutta auf chinesisch. Die Waende voll mit Fotos von Staatsgaesten, ein Besuch in diesem Lokal ist offenbar obligatorischer Teil des Protokolls.

Beide waren noch nie in diesem Restaurant und haben sich gefreut wie kleine Kinder, und als i-Tuepfelchen habe ich die Knochen und Reste einpacken lassen und dem Fahrer mitgegeben, schliesslich haben wir ja nichts zu verschenken....

So habe ich beispielsweise erfahren wie sich die chinesischen Maenner behelfen, dass es dank Ein-Kind-Politik und Paeferenz fuer Soehne nun zu wenige heiratsfaehige und heiratswillige (weil von den faehigen viele ins Ausland gehen oder sich zumindest einen vermeintlich reichen Auslaender/Expat in Peking suchen) Frauen gibt: sie kaufen sich ihre Braeute in Thailand, Korea oder den Philippinen - harte Konkurrenz fuer unsere Vokuhila-Pukhet-Fraktion....

Das ist auch eine gute Ueberleitung zu meinem aktuellen Standort Hong Kong: hier ist die gemischte Partnerschaft (Mann Australier oder Europaer, "im besten Alter" frei nach Udo Juergens, BMI >25, Haarwuchs nur noch auf Ruecken und Schultern vorhanden, und Frau Asiatin, Alter maximal 25, Typ chinesischer Nationalzirkus, klein und biegsam) das vorherrschende Modell.

Bin am Sonntag, 25. September zu Mittag hier angekommen. Das uebliche Programm mit Inselrundfahrt, Peak Tram, Kowloon, SoHo, Wai Chan, ICC Tower usw. habe ich schon brav absolviert, auch hier lasse ich die Fotos sprechen.

Mein erster Eindruck: das ist nicht China, sondern eine ganz normale, britisch gepraegte, westliche Grossstadt wie New York, London oder Sydney mit ihrem insofern "normalem" Tempo, dem Laerm, Dreck, Hektik und allen Vor- und Nachteilen einer Geschaeftsmetropole dieser Groesse.

Das Preisniveau fuer alltaegliche Dinge wie Transport und Ausgehen hat westliche Massstaebe, Immobilien sind anesichtsmdes Platzmangels absurd teuer, dass selbst Muenchen dagegen eine Mezzie ist, einzig Elektronik (ob echt oder gefaelscht sei daingestellt) ist deutlich guenstiger.

Meine drei Tage vor der Reise gekaufte Kompaktkamera kostet hier beispielsweise mehr als 1/3 weniger, das neue Apple Macbook Air 11" 128 GB ist zum heutigen Wechselkurs um €200 guenstiger als in Wien. Tja, wenn ich nicht noch die halbe Welt mit unzaehligen Zollkontrollen und Kriminalitaets-Hotspots wie Rio de Janeiro und Kapstadt vor mir haette, waere ich wohl durchaus der Versuchung erlegen und haette das eine oder andere Spielzeug erstanden. So hingegen habe ich mich auf einen Reserveakku fuer die neue Kamera und eine zweite Speicherkarte beschraenkt. Wie es sich gehoert natuerlich heldenhaft auf 50% des ausgewiesenen Preises runtergehandelt, also vermutlich nur mehr zu 200% ueberbezahlt.

Bei Luxusartikeln wie Rolex-Uhren und Gucci-Taschen usw. gibt es hier zwei Welten: jene die tatsaechlich Originalware anbieten und das ueber ein entsprechendes Zertifikat der Regierung glaubhaft nachweisen, und die unzaehligen kleinen Shops mit Faelschungen. Der Preisvorteil bei einer Rolex beschraenkt sich auf steuerliche Vorteile, wenn so ein Wecker anstatt €5000 "nur noch" €3900 kostet ist das zwar auch was, aber immer noch sehr teuer. Den Geraeten in der €100-Liga hingegen sieht man das leider auch an.

Weil es so normal ist habe ich von Hong Kong eigentlich schon wieder genug gesehen, endlose Shopping-Marathons interessieren mich nicht, und mit Aussies Bier trinken werde ich in Neuseeland zur Genuege. Daher fahre ich morgen nach Macau, und kann die Gelegenheit gleich nutzen meine Portugiesisch-Kenntnisse fuer Brasilien auf Vordermann zu bringen.

Soviel fuers Erste, der naechste Bericht folgt nach Macau, Singapur und Neuseeland.