Samstag, 22. Oktober 2011

Einfuehrung in die Quantitative Reisetechnik I

Als moderner Zigeuner ist man permanent mit unterschiedlichen Skalen befasst und eigentlich staendig am Rechnen oder Schaetzen. Seien es die taeglichen Wechselkursschwankungen, die Netzspannung, die Bandbreiten der Mobilfunknetze, die Untiefen von Roamingabkommen, unterschiedliche Laengen- und Gewichtsmasse oder auch alltagsrelevante spezifische Rechtsvorschriften (beispielsweise Geschwindigkeitsbeschraenkungen oder Ausweispflicht), der Reisende ist permanent gefordert.

Heute war in Rio perfektes Strandwetter, und so habe ich den lieben Gott einen guten Mann sein lassen und den Tag zum Auskurieren meiner koerperlichen und seelischen Wunden nach dem Ausflug nach Foz do Iguaçu genuetzt. Dabei habe ich Beobachtungen gemacht, die durchaus von allgemeinem Interesse sind und einer naeheren Betrachtung wert sind.

In Europa haelt sich seit Jahren hartnaeckig das Geruecht, dass die Bikinis in Brasilien knapper geschnitten sind als im Rest der Welt. Das ist allerdings genau das, ein Geruecht naemlich. Nun war ich zugegebenermassen noch nicht auf Badeurlaub im Golf von Oman, aber verglichen mit allen mir bekannten Straenden auf fuenf Kontinenten sind in Brasilien nicht die Bikinis kleiner, sondern - ich red nicht lang um den heissen Brei rum - die Aersche fetter. Die Jahre des Wirtschaftswachstums und Wohlstands auch fuer breitere Bevoelkerungsschichten unter Lula haben leider nicht nur im Regenwald haessliche Spuren hinterlassen. Wir haben es hier zur Abwechslung also nicht mit unterschiedlichen Messgroessen zu tun, sondern bestenfalls mit einer optischen Taeuschung.

Wie ueberall gibt es natuerlich auch hier loebliche Ausnahmen. Ausdruecklich erwaehnt seien etwa die Futebol-Gattinnen, die (wo nicht?) rein optisch positive Ausreisser sind, ebenso die Beachvolleyballerinnen (die ganz besonders!), aber grosso modo sollte sich der Urlauber darauf einstellen, dass auch in Brasilien das Gras nicht gruener ist als anderswo.

Hakoah

Rio ist bekanntlich eine sehr multikulturelle Stadt, und wie es der Zufall so will ist mir aus eben diesem Grund heute im wahrsten Sinne des Wortes eine Geschaeftsidee ueber den Weg gelaufen. Bei meinem morgendlichen Long Jog habe ich auf der Copcabana einen selten untalentierten, krummbeinigen Israeliten mit Kippa ueberholt. Ich denke dabei nicht daran, geborene Autofahrer zu leichtfuessigen Windhunden zu trainieren, an diesem speziellen Exemplar wuerde auch ein Jose Mourinho scheitern, sondern mich beschaeftigt vielmehr seine Kopfbedeckung.

Offenbar hat die Sportartikelindustrie die Nische der religioesen Kopfbedeckungen noch nicht bearbeitet, aus der Perspektive globaler Konzerne durchaus verstaendlich. Bei Temperaturen jenseits der 25 Grad und direkter Sonneneinstrahlung ist er mit der Kippa aus schwarzem Samt gelaufen, also alles andere als optimal.

Warum, so frage ich mich, gibt es noch keine Sport-Kippas aus modernen Kunststofffasern, leicht, die Durchlueftung foerdernd, Regen- und Sonnenschutz bietend, das alles in Farbe, Design und Herstellung mit der Tora in Einklang? Freizeit- wie Profisportler optimieren sonst doch jedes noch so unwesentliche Detail, ueber Socken und Unterwaesche gibt es in den diversen Special Interest-Magazinen seitenlange Testberichte.

Womoeglich gibt es das alles ja schon, spezielle Produkte fuer Fussballer (kopfballsicher), Radfahrer (unter dem Helm) usw.. Ich habe auch keine Marktforschungen angestellt, wie viele Juden es gibt die so orthodox sind, um als Zielgruppe ueberhaupt in Frage zu kommen. Wenn jemand mehr darueber weiss (ein paar Kandidaten gibt es, ich warte) bitte um Info. Ich stelle mir gerade die Konzernzentrale fuer das Nike der Sportkippas am Augarten vor, eigene Teststrecke vor der Haustuer, auch ein Ableger fuer Fez, Turban etc. tut dringend Not. Ach ja, und falls Skinfit das im naechsten Fruehjahrskatalog im Angebot hat weiss ich schon wer kastriert wird!