In Kona hingegen war die Stimmung praechtig, im Aufziehen einer guten Show sind Amerikaner nach wie vor Weltklasse. Ich zitiere die Eingangsmoderation: "When you think the music is too loud, then you are too old!"
Nicht zuletzt hat ein neuer Streckenrekord des Siegers Craig Alexander die Stimmung angeheizt. Ob das Event an sich besser oder anders ist als beispielsweise in Klagenfurt kann ich nicht beurteilen, ich habe mir derartiges heute zum ersten Mal als Zuschauer gegeben. Vermutlich auch zum letzten Mal. Auch wenn die Party rundherum ganz nett ist und die Leistungen der Pros zweifelsohne ausserirdisch, es fehlen die packenden Szenen, die Zweikaempfe, der Showdown, und vor allem dauert es viel zu lange. Aber gut, auch Cricket findet seine Anhaenger und bei dreiwoechigen Radrundfahrten haengen auch Millionen Menschen ganze Nachmittage vor dem Fernseher. Nachdem ich die Nachricht vom Ausscheiden unseres Wiki Miki erhalten hatte habe ich mich auch mit dem Zieleinlauf des Siegers begnuegt und das Feld geraeumt; die Damen habe ich nicht absichtlich boykottiert, ich habe in dem Moment nicht mehr daran gedacht, dass noch was relevantes folgt.
Das Elend danach kenne ich aus eigener Erfahrung bzw. habe ich auch in der Wechselzone und auf der Strecke genug davon gesehen, das unterscheidet sich auf Hawaii nicht wesentlich von anderen Veranstaltungen in Europa. Den beruehmten Zielschluss um Mitternacht habe ich somit ausgelassen, wahrscheinlich eine Todsuende unter echten Eisernen.
Einen Unterschied konnte ich doch ausmachen. Triathlon wird in unseren Breiten ja gemeinhin als "Poser"-Sport bezeichnet, insbesondere die lustfeindlichen, abgemagerten Langstreckenlaeufer ruempfen ueber die taetowierten, vergleichsweise bladen Materialfetischisten ganz gerne die Nase, nicht unaehnlich wie Skispringer immer neidisch zu den Snowboardern hinueberschielen, weil sie in deren Paradedisziplin Après Ski kein Leiberl gegen die Sunnyboys haben. Nach einer Woche Hawaii habe ich mich derart an den Anblick taetowierter Muskelprotze, Piercings, Proletenbaerte, blondierter Japaner und sonstiger Skurrilitaeten der Surfer gewoehnt, dass die paar Peckerl und Stuetzstruempfe beim Ironman nachgerade dezent, ja als Ausdruck einer hoeheren, vornehmen Kultur erscheinen.
Anstatt mich voll und ganz dem Ironman-Feeling hinzugeben habe ich bei meiner Inselumrundung auf halbem Weg zwischen Kona und dem Volcano-Nationalpark ein kleines Paradies auf Erden entdeckt. Da ich ohne Reservierung unterwegs bin musste ich mir ja noch Mietwagen und Unterkunft organisieren. Beides wider Erwarten kein Problem, es qualifizieren sich offenbar nicht genug Age-Grouper fuer Hawaii oder sie sind derart geizig, dass sie ihre Frauen zu Hause lassen!
Mietwagen stehen am Flughafen zum Saufuettern und nachdem ich direkt in Kailua-Kona noch waehrend des Bewerbs keinen Kilometer vom Zielstrich entfernt ein Bed&Breakfast mit freien Zimmern gefunden hatte, war ich etwas waehlerisch, habe also das B&B und ein Roadside Motel nach Zimmerbesichtigung abgelehnt, um schliesslich mitten im Kaffeeanbaugebiet den perfekten Aussteigertraum zu finden. Der Name "Bellevue" ist hier ausnahmsweise eine Untertreibung, ich habe von meiner Terrasse (die mit ca. 25m2 diese Bezeichnung auch verdient) einen traumhaften Blick auf die Kealakekua-Bucht. Das Haus wird von einer ca. 60jaehrigen Franzoesin aus Strasbourg mit ihrem amerikanischen Mann betrieben, wobei sich punkto Einrichtung offenbar sie durchgesetzt hat - wenn man es nicht besser wuesste meinte man an der Cote d'Azur zu sein.
Wenn ich die Nachrichten aus Europa verfolge frage ich mich, ob so ein Haus mit vermieteten Ferienwohnungen im Untergeschoss an irgendeiner Pazifikkueste mit internationalem Flughafen in der Naehe nicht die bessere Option ist als in den grossen Katzenjammer zurueckzukehren. Ein aehnlich abgelegenes Haus mit einer ebenfalls traumhaften Kuestenlinie habe ich uebrigens vor etwa zwei Jahren noerdlich von Dubrovnik beim Kauf von Olivenoel entdeckt, man muesste dann eben zahlungskraeftige Araber einfliegen wenn die Europaeer auslassen.
Auch die Lage kommt mir entgegen, denn morgen stehen Hawaiis Vulkane am Programm. Um in der kurzen Zeit moeglichst viel davon zu sehen habe ich mich zu einem zweistuendigen Helikopterflug entschieden, hoffe Wetter und der Berg spielen mit und ich kann einen Ausbruch live erleben.