Sonntag, 16. Oktober 2011

Ordem e Progresso

Diesmal gibt es ein Jubilaeum zu wuerdigen: mein Reisepass feierte exakt an diesem Samstag, den ich praktisch zur Gaenze in stinkenden Passagierfliegern oder auf abgewirtschafteten Flughaefen vertroedelt habe, seinen dritten Geburtstag!

Zur Feier des Tages haben die brasilianischen Grenzpolizisten die letzte verbliebene Seite entjungfert - da sind jene mit dem Hinweis "Raum fuer amtliche Vermerke der Behoerde" (ich vermute das ist fuer so Dinge wie Haef'n oder elektronische Fussfessel gedacht) schon eingerechnet. Tja, schaetze seinen vierten Jahrestag werden wir nicht mehr gemeinsam verbringen.

Wer legt eigentlich die Anzahl der Seiten fuer Paesse fest? Gibt es da eine voelkerrechtliche Vorschrift, die noch auf die Jalta-Konferenz oder gar auf den Wiener Kongress zurueckgeht, liegt das in der Kompetenz vom Nasenbaer (Spindelegger) oder entscheidet das die Staatsdruckerei je nach Festmeterpreis der Bundesforste? Sachdienliche Hinweise bitte an salzamt.krump.cc oder direkt in den naechstgelegenen Altpapiercontainer.

Die Vifzacks haben daraus bestimmt schon messerscharf geschlossen, dass ich also am Stueck in Rio angekommen bin. Das scheint gar nicht so selbstverstaendlich, denn sowohl beim Check-In am JFK als auch im Hotel wurde ich nach Notfallnummern gefragt, an die man sich wenden koenne falls ich entfuehrt oder umgebracht werde. Fuer die Fussball-WM in zwei Jahren muessen sie noch ein bisschen am Marketing arbeiten, zumindest bei den Journalisten wuerde ich diese sicher gut gemeinte Prozedur weglassen.

Mein Flieger ist um 5:30 Ortszeit angekommen, Ueberreste vom Nachtleben habe ich also heute schon gesehen. Wie soll ich es ausdruecken, man merkt nach den USA einfach sofort, dass man in einem streng katholischen Land ist: die Zuhaelter haben auf der Copacabana ihre Pflasterschwalben eingesammelt, ueberall lagen Alkoholleichen und leere Flaschen herum (sowohl im ganzen als auch in Scherben, jedenfalls nicht verschaemt im Papiersackerl getarnt), kurzum, ich habe mich sofort wie zu Hause gefuehlt und bin sofort Laufen gegangen. So eine Runde ueber Copacabana, Ipanema, Leblon und Leme ist vergleichbar mit meinen Hausstrecken am Flex vorbei und durch den Prater.

Zufaellig war heute morgen so eine Art Pink Ribbon-Lauf, jedoch nicht auf Frauen beschraenkt. Die Strecke sind laeppische 6 km und die beiden Fuehrenden sind das im Marathon-Tempo gejoggt, wahrscheinlich eine geschobene Partie, dahinter meilenweit niemand zu sehen. Vielleicht sollten die 99ers naechstes Jahr einen Vereinsausflug nach Rio machen und wir sichern uns mit der beruehmten Endbeschleunigung die Plaetze 1 bis 9, wie weiland unsere Super G-Herren am Patscherkofel. Natuerlich muessen wir dann im Gegenzug mit einem extrem stark besetzten Moedlinger Altstadtlauf rechnen, da werden die Brasilieiros ihre fuer London qualifizierte Olympia-Mannschaft plus alle wegen Doping gesperrten Athleten schicken.

Damit sich die Notfallnummern auch lohnen werde ich mir im fussballverrueckten Brasilien ein Meisterschaftsspiel im Stadion geben. A propos Stadion: die All Blacks haben es tatsaechlich geschafft und die Australier ueberraschend deutlich vom Platz gefegt. Dem Traumfinale gegen Frankreich steht nichts mehr im Wege, mit meinen gedrueckten Daumen (sofern sie mir im Fansektor nicht abgeschnitten werden) koennen sie fix rechnen.